Meine persönlichen Erkenntnisse zu TML-Gehäusen im allgemeinen
Zum Aufbau einer TML sind Lautsprecherchassis mit tiefer Resonanzfrequenz,
schweren Membranen und meist etwas höheren totalen Güten am Besten, Chassis mit Güten von
unter 0,3 sind in der Regel nur bedingt für TML-Gehäuse geeignet.
Im wesentlichen
gibt es zwei Möglichkeiten eine TML aufzubauen, TML mit Vorkammer und TML ohne
Kammer und Direkter-Line, wobei die Ausführungen im einzelnen sehr unterschiedlich
ausfallen können. Bei Verwendung von
Chassis mit höherem bis sehr hohem Qt
s (0,40 - 0,95) ist es meist
zielführender eine TML ohne Kammer mit Direkter-Line zu wählen.
Bei Chassis deren Qt
s jedoch unter 0,4 liegt
kann auch eine Vorkammer TML eine gute Lösung darstellen.
Je höher Qt
s ist umso weniger ist eine Vorkammer-TML geeignet, da die
erforderlich Vorkammer sehr groß werden müßte oder aber die Einbauresonanzfrequenz stark
ansteigen und die Einbaugüte Werte von deutlich über 1 annehmen würde. Vorkammer-TMLs sind
besser für Chassis mit niedrigeren fs und Qt
s von bis ca. 0,4 geeignet.
D.h. z.B. für den Klassiker aller TML-Treiber den Isophon PSL 320/400 (PSL 320/400 Alu, PSL 320/400 OEM)kommt m.E. nur eine
vorkammerfreie Direkte-Line in Frage. Wie eine derartige TML ohne Kammer mit Direkter-Line für
einen alten PSL320/400 optimal aussehen würde, hängt von den konkreten TSP des Chassis ab und
wird weiter unten erläutert.
TML mit Vorkammer
An eine Vorkammer fügt sich am Ende eine Schallführung mit relativ konstanten Querschnitt an.
Die Größe der Vorkammer bestimmt sich in etwa nach den Regeln für eine geschlossene Box
und wird auf Qtc ~ 0,7 bis 1 ausgelegt. Die Line wird mit einen relativ konstanten
Querschnitt von etwa 80% -120% der Membranfläche und einer Viertelwellenlänge
von etwa f
tml ~ 0,6 bis 0,9 x fc abgestimmt.
Beispiel: .
TML ohne Kammer mit Direkter-Line (wie Box
rechts: Meine "vulkanische" TML)
Bei einer TML ohne Vorkammer wird das Tieftonchassis direkt in der Line platziert.
Die genaue Lage des Tieftöners ist unter anderem abhängig
von der Gesamtgüte Qt
s des Chassis und der Trennfrequenz. Grundsätzlich tendiere ich dazu
das TML-Chassis mit höheren Qt
s (>0,8) am Anfang zu platzieren
und sehr tief zu trennen und bei Chassis mit niedrigeren Qt
s
auf 1/3 der Line zu verschieben.
Soweit das TML-Chassis auch noch recht weit in den Mitteltonbereich betrieben werden soll,
sollte das Chassis stets auf 1/3 der Line gesetzt werden. Durch die Platzierung des Chassis
auf 1/3 der Line sind die ersten Oberwellenresonanzen deutlich geringer ausgeprägt als bei
Einsatz des Chassis am Anfang der Line. Werden zwei Tieftöner verbaut, hat es sich als sinnvoll
erwiesen, einen auf 1/3 und einen auf 1/5 der Line zu platzieren. Durch diese Maßnahme kann die
prinzipbedingte Welligkeit der TML noch etwas mehr geglättet werden.
Der Querschnitt der Line verjüngt sich i.d.R. stetig vom Anfang zum Ende.
Die Anfangsquerschnittsfläche (A
An) sollte etwa 100% bis 350% (200%) und die
Endquerschnittsfläche (A
End) etwa 40%-120% (80%) der Membranfläche des Tieftontreibers betragen.
Je höher der Qt
s desto größer sollte der Anfangsquerschnitt der Line sein,
denn auch bei einer TML steigt der Bedarf an Arbeitsvolumen mit
steigenden Qt
s des Treibers. Grundsätzlich geht mit jeder
Verkleinerung des Endquerschnittsfläche meist eine zum Teile deutliche Abschwächung des
Tiefbasspegels und mit abnehmenden Anfangsquerschnitte ein Anstieg des Oberbasspegels und
noch stärkerem Absinken des Tiefbasspegels einher. Eine starke Verjüngung der Line bewirkt
zudem eine tiefere Abstimmung als bei weniger stark verjüngten Line. Oder anders gesagt:
Je stärker der Line-Querschnitt sich verkleinert, desto kürzer ist die für die gewünschte
Abstimmungsfrequenz erforderliche tatsächliche Länge der Line. Bei Verwendung
von Chassis mit niedrigem Qt
s und/oder kleimen VAS kann
die TML auch mit konstanten Querschnitt aufgebaut werden, Beispiel für TML mit konstanten Line-Querschnitt
siehe hier.
Im übrigen führen zu geringere
Querschnitte zu stark erhöhten Strömungsgeschwindigkeiten und bewirken oft
hörbare Strömungsgeräusche bei höheren Ansteuerungspegeln.
Die Line (Länge) sollte auf f
tml ~ f/√(2xQt
s),
abgestimmt werden. Die effektive Länge ist abhängig vom Dämpfungsgrad der Line da die Dämpfung die
Schallgeschwindigkeít in der Line reduziert. Dämpfungsfaktor (D) ~ 0,8 bis 0,95.
Da sich zudem die tatsächliche
Länge in Abhängigkeit von der Verjüngung ändert, ist die Länge noch um den Faktor
Kl=√
4(A
An/A
End)
zu korrigieren.
Faustformel für TML-Länge in Meter:
L
tml=343xD/f
tml/4/Kl
Ansonsten gelten auch für Transmission-Line Gehäuse die gleichen Grundsätze wie für andere
Gehäusekonstruktionen auch, je stabiler das Gehäuse desto besser.
Beispielhaft ergäbe dies unter Zugrundelegung der Werksangaben zum älteren
Isophon PSL 320/400 (TSP fs~25 Hz, Qt
s~ 0,8, SD~500cm²) eine
Anfangsquerschnittsfläche ca. 850 cm², eine Endquerschnittsfläche ca. 400 cm², eine
f
tml von ca. 17 Hz und einer
effektiven Line Länge von ca. 3,7 m. Da diese Maße nun kaum noch als
wohnraumverträglich angesehen werden können, wurde die nebenstehende TML
mit dem Isophon PSL 320/400 (Version B) auf eine Länge von 2,7 m effektiv gekürzt
und die Line stärker
mit Dämpfungswatte versehen wird.
Es werden aber auch anderen TML-Varianten funktionieren,
wie z.B. die
T440 von Isophon oder
die
TML von B.Stark. Beide Konstruktionen sind ebenfalls mit einem PSL320/400 bestückt. Bei einer relativ höheren TML-Abstimmungsfrequenz setzt die B.Stark-TML auf ein
Verwischen der
TML-Verstärkung. Die hohe TML-Abstimmfrequenz bewirkt zunächst eine deutliche Überhöhung
bei ca. 35 Hz und 70Hz. Besonders bedingt ist dies auch aufgrund des hohen Qt des PSL320/400.
Die starke Welligkeit des Frequenzganges zu reduzieren versucht Stark dadurch, der TML eine
verschmierte Abstimmung zu verpassen. Die (theoretische) Laufzeitdifferenz beträgt innerhalb
der B.Stark-TML immerhin ca. 68 cm oder ca. 12 Hz. Wohl aus diesem Grund wurde wohl der sehr
asymmetrische Aufbau des Übergangs vom erster zum zweiten Line-Teil vorgenommen. Nachteil
der Stark-TML ist der relativ hohe Anteil parasitärer höherfrequenter stehenden Wellen im
Gehäuse. Dies geht nicht nur zu Lasten des Wirkungsgrades, sondern auch zu Lasten der
Impulstreue. Die T440 von Isophon ist ähnlich dem hier favorisierten TML-Aufbau und m.E.
konstruktiv schon günstiger. Zur Verbesserung des Strömungsverlaufs wurde bei meinen rechts
dargestellten TMLs der Line-Verlauf kontinuierlich geführt, insbesondere auch im Umlenkungsbereich.
Also wie man sieht gibt's bei TMLs eine Menge zu "berechnen" aber noch mehr praktisch
auszuprobieren.
Aber mindestens genau wichtig wie der Aufbau des TML-Gehäuses ist deren korrekte Dämpfung.
Die Aufstellung im Raum ist noch einmal ein weiteres schwieriges Kapitel. Für den Gesamtklang
der Box dürfte zudem die Weichenauslegung noch viel wichtiger sein, als allein der Aufbau
der TML.
Die hier gezeigten zwei TML-Boxen sind für die
Isophon Chassis
PSL 265/200 (Version A) und
PSL 320/400 OEM (Version B) optimiert.
Es sind aber für eine vergleichbare Klangqualität auch die unten
konkretisierten weiteren Tieftonchassis einsetzbar.
Bedämpfung des Gehäuses:
Zur Unterdrückung ungewollter Resonanzen sollte das Gehäuse direkt hinter dem Tieftöner mit etwas scherer Mineralwoll (z.B.
Sonorock)
sowie hinter der Umlenkung zum Ende der Line
mit
Polyesterwatte / Volumenvlies
gedämpft werden, Details (siehe
Dämpfungplan). Eine Dämpfung mit Schafwolle ist m.E. heute nicht mehr wirklich sinnvoll, denn Schaftswolle kann nichts besser was heute verfügbare Syntetik nicht auch oder gar besser kann, Schafswolle hat sogar nicht wenige Nachteile. Das Maß der erforderlichen Dämpfung ist sehr stark vom Aufstellungsraum und -ort
abhängig und muss daher experimentell ermittelt werden. Das Mitteltönergehäuse sollte locker mit Polyesterwatte (Teddywatte) geüllt werden.
In beiden Varianten werden der
Isophon Mitteltöner PSM 120 Alu,
PSM 120 OEM oder
MTS 120 OEM und
Magnetostaten
von
Technics TH-400 (Matsuhita EAS 400) als Hochtöner verwendet.
Die hier gezeigten Frequenzweichen sind auf diese Chassis ausgelegt und zeigen ein deutlich besseres Verhalten als die Weichen ähnlicher Industriemodelle. Jede Änderung auch in der Mittel- oder Hochtonbestückung macht eine Überprüfung und ggf.
eine Anpassung der Frequenzweiche erforderlich.
Eine dritte Version mit der Isophon Hochtonkalotte
SKK10-8 ist auf einen etwas
höheren Wirkungsgrad hin abgestimmt und zeigt dafür einen etwas früheren Abfall aber sanften Verlauf des Basspegels.
Der Nachbau dieser TML in der Original Version ist jedoch kein sehr billiges Vergnügen.
Die Herstellung von Isophon Chassis im industriellen Maßstab wurde bereits vor über zwei Jahrzehnten eingestellt. Seitdem wurden nur noch wenige Isophon Chassis im Rahmen eines kleinen Manufrakturbetriebs gefertigt.
Die
vormals recht günstigen Isophon Chassis sind daher heute nur noch als Gebrauchtware oder als sehr teure
Nachbauten zu erhalten.
Alternative Mittel-Hochtonbestückung siehe
unten.
Alternative Basschassis:
Die Nutzung anderer als im hiesige Bauvorschlagn genannten Chassis kommt
nicht selten einer Neukonstruktion der Box gleich oder zumindest sehr nahe.
Jedes Tieftonchassis verhält sich anders, so dass für jedes Chassis
i.d.R. das Gehäuse entsprechend aufgebaut sein muss. Dies gilt auch und
gerade für Lautsprecher in einer TML. Ein Tausch des TML-Treibers
gegen einen anderen Tieftonlautsprecher ist nur sehr eingeschränkt
möglich. Die TSP der Ersatzchassis sollten ein sehr ähnliches Alignment
in dem hier gegebenen (TML-)Gehäuse ergeben. Dies ist u.a. bei gleichen oder
sehr ähnlichen TSP möglich. In den aller meisten Fällen ändert sich
jedoch die Abstimmung und damit die Bass- und Tiefbasswiedergabe deutlich. Kurz
gesagt: Ohne Änderung des TML-Gehäuses passen nur sehr wenige Tieftöner in
diese TML.
Bei
Version A bieten sich als nahezu gleichwertige Alternativen zum Isophon PSL 265/200 der
Monacor SPH-10M, der
Peerless SLS10 und der
Beyma 10BR60V2 an, bei dessen Einsatz muss jedoch der Pegel der Mittel- und Höchtöner um
weitere 2-3 dB gesenkt (Spannungsteiler anpassen auf; MT: 4,7/4,7R, HT: 3,3R/6,8R) und beim Peerless SLS10 im Tieftonzweig der Weiche zudem der 22µF Kondensator des Zobelglieds auf 47µF vergrößert werden.
Bei
Version B bietet sich mit leichten Abstrichen im Tiefgang als preiswerte aber kaum weniger beindruckende Alternative zum Isophon PSL 320/400 der
Peerless SLS 12 und der
Beyma 12BR70 an. Hierfür kann die Weiche der Version A mit PSM-120 und EAS-400 übernommen werden.